Auszahlung des nichtgenommenen Urlaubs
Arbeitgeber kann Mindesturlaub nicht "abkaufen"
Ich habe in Luxemburg vor zwei Jahren eine Stelle als Empfangschefin gefunden. Mein Arbeitgeber und ich haben damals vertraglich geregelt, dass ich meinen Urlaub ausgezahlt bekomme, wenn ich ihn nicht nehmen kann. Dieses Jahr heißt es nun, er könne ihn mir aus rechtlichen Gründen nicht auszahlen.
Ihr Arbeitgeber hat Recht. Nach einem Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofes ist es nicht erlaubt, sich den Anspruch auf Mindesturlaub auszahlen zu lassen. Das heißt nicht, dass Sie diesen Anspruch verloren haben, aber Sie werden ihn nur in Freizeit einlösen können.
Lange Zeit ging man davon aus, dass Sondervereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich geregelt werden können. Dazu zählte auch die Vereinbarung, dass nichtgenommene Urlaubsansprüche im folgende Jahr mit einer finanziellen Entschädigung abgeglichen werden können. In seinem Urteil (Rechtssache C-124/05) ging der Europäische Gerichtshof dagegen davon aus, dass solche Vereinbarungen dem Grundgedanken der europäischen Arbeitszeitrichtlinie widersprechen.
Nach der Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG) ist der Anspruch auf einen bezahlten Mindesturlaub ein bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft. Dabei wird auf den wirksamen Schutz der Sicherheit und Gesundheit besonderer Wert gelegt. Das bedeutet aber auch, dass dieser Mindesturlaub vom Arbeitnehmer als tatsächliche Ruhezeit genommen werden muss. Nur bei einer Beendigung des Arbeitsverhätnisses kann dieser Anspruch auf bezahlten Urlaub auch finanziell abgegolten werden.
Der Urlaub - so die Überzeugung des Gerichts - habe die beste Wirkung dann, wenn er im laufenden Arbeitsjahr genommen werde. Er verliere aber seine Bedeutung für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz auch dann nicht, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt genommen werde.
Vereinbarungen, die Geldleistungen als Entschädigung für einen nichtgenommenen Urlaub vorsehen, widersprechen diesem Grundsatz. Sie bieten einen mit der Richtlinie unvereinbaren Anreiz, auf den notwendigen Erholungsurlaub teilweise oder ganz zu verzichten.
Insofern handelt Ihr Arbeitgeber korrekt. Das betrifft aber nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mindesturlaub. Vereinbarungen über darüber hinaus gehenden Urlaub haben weiterhin Bestand. Diesen zusätzlichen Urlaub kann Ihnen Ihr Arbeitgeber unbeanstandet auszahlen.