Arbeitslosengeld für Grenzgänger
Wohnsitzstaat muss während Beschäftigungssuche in EG-Mitgliedstaaten zahlen
(C-311/01 vom 06.11.2003, Kommission/Niederlande)
Der Fall:
Herr Lorenz, der in den Niederlanden wohnte und als Grenzgänger eine Beschäftigung in Deutschland ausgeübt hatte, erhielt bei Eintritt der Vollarbeitslosigkeit gemäß der Verordnung über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer Leistungen bei Arbeitslosigkeit, die von niederländischen Trägern zu ihren Lasten gewährt wurde. Als Herr Lorenz beabsichtigte, sich nach Frankreich zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen, teilten die niederländischen Behörden ihm mit, dass er während seines Aufenthalts in Frankreich keine Leistungen bei Arbeitslosigkeit mehr erhalten würde.
Dies, obwohl nach der genannten Verordnung vollarbeitslosen Arbeitnehmern unter bestimmten Bedingungen erlaubt wird, sich zur Arbeitssuche in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, ohne dass sie dadurch ihren Leistungsanspruch verlieren.
Die niederländischen Behörden vertraten nämlich die Auffassung, dass diese Regelung nicht für Grenzgänger gelte.
Der Europäische Gerichtshof entschied dagegen und verwies auf die Begründungserwägungen der im Streit stehenden Verordnung, wonach kein Unterschied zwischen Grenzgängern und Nichtgrenzgängern gemacht werden dürfe. Ziel der Verordnung sei es, dem "arbeitslosen Arbeitnehmer" den fortdauernden Bezug von Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu sichern, um ihm die Arbeitssuche in den einzelnen Mitgliedstaaten zu erleichtern. Die Mobilität der Arbeitsuchenden solle im Hinblick auf die Verwirklichung der Freizügigkeit gefördert werden.
Zuständig für die weitere Gewährung des Arbeitslosengeldes bleibe der Wohnstaat des arbeitslosen Grenzgängers.
Das Urteil:
Das Königreich der Niederlande hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 69 und 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung verstoßen, dass es vollarbeitslosen Grenzgängern verwehrt hat, von der in Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehenen Befugnis Gebrauch zu machen, sich unter den dort genannten Bedingungen unter Aufrechterhaltung ihres Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-311/01: Kommission/Niederlande