Leistungsanspruch bei Arbeitslosigkeit, der von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig is
Auch Beschäftigungszeiten in anderen Mitgliedstaaten müssen u.U. berücksichtigt werden
(C-388/87 vom 12.05.1989, Warmerdam-Steggerda)
Der Fall:
Die niederländische Staatsangehörige Frau Warmerdam-Steggerda arbeitete vom 17. März bis zum 8. August 1975 als Töpferin in Schottland. Sie übte diese Tätigkeit als Arbeitnehmerin aus und war nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs gegen Arbeitsunfälle versichert. Wegen der geringen Höhe ihres Einkommens war sie jedoch nicht gegen die übrigen vom britischen System der sozialen Sicherheit gedeckten Risiken versichert, insbesondere nicht gegen die wirtschaftlichen Folgen der Arbeitslosigkeit.
Frau Warmerdam-Steggerda hielt sich deshalb in Schottland auf, weil ihr Ehemann dort ein Praktikum ableistete. Nach Ende des Praktikums löste Frau Warmerdam-Steggerda ihr Arbeitsverhältnis auf; die Ehegatten kehrten nach einer Vergnügungsreise durch Schottland am 30. August 1975 in die Niederlande zurück. Am 1. September 1975 ließ sich Frau Warmerdam-Steggerda dort als Arbeitsuchende registrieren und beantragte die Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach der "Werkloosheidswet" (niederländisches Arbeitslosengesetz). Der Leistungsanspruch nach der "Werkloosheidswet" ist von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig. Frau Wamerdam-Steggerdas Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass ihre in Schottland zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht angerechnet werden könnten, weil sie dort nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert gewesen sei.
Laut Europäischem Gerichtshof ist im Rahmen der Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit die Anrechnung von in einem Mitgliedstaat zurückgelegten Beschäftigungszeiten durch den zuständigen Träger eines anderen Mitgliedstaats nicht davon abhängig, dass diese Zeiten nach den Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt wurden, als Versicherungszeiten für denselben Zweig der sozialen Sicherheit angesehen werden.
Der zuständige Träger hat aber in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegte Beschäftigungszeiten nur dann zu berücksichtigen, wenn sie nach den von diesem Träger angewandten Rechtsvorschriften als Zeiten der Zugehörigkeit, d.h. Deckung durch ein System der Arbeitslosenversicherung, anzusehen sind.
Das Urteil:
Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/ 71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu - und abwandern, macht die Zusammenrechnung von in einem Mitgliedstaat zurückgelegten Beschäftigungszeiten durch den zuständigen Träger eines anderen Mitgliedstaats nicht davon abhängig, dass diese Zeiten nach den Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt wurden, als Versicherungszeiten für denselben Zweig der sozialen Sicherheit angesehen werden.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-388/87: Warmerdam-Steggerda