Berechnung von Geldleistungen zugunsten von Arbeitnehmern, die Asbest ausgesetzt waren
Leistungen müssen für Wanderarbeitnehmer die gleichen sein, als wenn Freizügigkeitsrecht nicht ausgeübt wurde
(C-205/05 vom 09.11.2006, Nemec)
Der Fall:
Der in Frankreich wohnhafte französische Staatsangehörige Fabien Nemec, arbeitete mehrere Jahre in einem in Frankreich ansässigen Unternehmen, wobei er Asbest ausgesetzt war. 1994 wurde er entlassen, weil sein Arbeitgeber in Frankreich seinen Betrieb vollständig eingestellt hatte. Im selben Jahr fand er in Belgien in einem Unternehmen wieder eine Beschäftigung. Während der ganzen Zeit seiner Arbeitnehmertätigkeit in Belgien wohnte Herr Nemec weiter in Frankreich und zahlte dort weiter Steuern. 1995 erkannte die zuständige französische Behörde an, dass Herr Nemec an einer Berufskrankheit litt, weil er Asbest ausgesetzt gewesen war.
Seinem Antrag auf Zahlung der Leistung für ehemalige Asbestarbeiter gab die Krankenkasse im Mai 2004 statt. Entsprechend dem französischen Recht war der Betrag dieser Leistung unter Zugrundelegung des Durchschnitts der Arbeitsentgelte berechnet worden, die Herr Nemec während der letzten zwölf Monate seiner Arbeitnehmertätigkeit in Frankreich erhalten hatte. Seine zuletzt in Belgien bezogenen Arbeitsentgelte, die höher gewesen waren als die für die Berechnung der Leistung zugrunde gelegten, hatte die Krankenkasse nicht berücksichtigt.
Laut Europäischem Gerichtshof ist für die Berechnung von Geldleistungen zwar nur das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das in dem Mitgliedstaat erzielt wurde, dem der zuständige Träger angehört (Frankreich), jedoch ist dieses Entgelt so zu aktualisieren und anzupassen, dass es dem Arbeitsentgelt entspricht, das der Betroffene bei normaler beruflicher Entwicklung erhalten hätte, wenn er weiterhin in dem betreffenden Mitgliedstaat beschäftigt gewesen wäre.
Das Urteil:
Artikel 58 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung ist dem Zweck von Artikel 42 EG konform dahin auszulegen, dass die Berechnung des „Durchschnittsentgelts" im Sinne der erstgenannten Vorschrift in einem Fall wie dem des Ausgangsrechtsstreits aufgrund des Arbeitsentgelts erfolgt, das der Betroffene bei normaler beruflicher Entwicklung erhalten hätte, wenn er weiterhin in dem Mitgliedstaat, dem der zuständige Träger angehört, beschäftigt gewesen wäre.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-205/05: Nemec