Festsetzung von Ansprüchen auf Altersrente
Fiktive Beitragszeiten müssen berücksichtigt werden
(C - 347/00 vom 03.10.2002, Pérez)
Der Fall:
Der Spanier Barreira Pérez, der in Spanien und Deutschland gearbeitet hatte, stellte 1999 im Alter von 65 Jahren einen Antrag auf Rente nach deutschem und spanischen Recht. Nach deutschem Recht hatte Herr Pérez bereits Anspruch auf eine eigenständige Altersrente, d. h. ohne Berücksichtigung der nach den spanischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten. Um hingegen in Spanien in den Genuss einer Rente zu kommen, mussten alle in Deutschland und Spanien zurückgelegten Versicherungszeiten addiert werden, da die in Spanien zurückgelegten Versicherungszeiten unter der Mindestversicherungszeit von 15 Jahren lagen. Zu den in Spanien zurückgelegten Versicherungszeiten hatte Herr Pérez Anspruch auf die Berücksichtigung von fiktiven Beitragstagen, die ihm gemäß einer spanischen Übergangsregelung aus früheren, nicht mehr bestehenden Systemen der Alterssicherung zustehen, in die er Beiträge entrichtet hatte. Bei der Berechnung seiner Altersrente wurden von der zuständigen spanischen Behörde jedoch nur die tatsächlich zurückgelegten Versicherungszeiten in Spanien und Deutschland berücksichtigt, da diese bereits in Addition ausreichten, um Herrn Pérez eine Rente nach spanischem Recht zu gewähren. Die fiktiven Beitragstage wurden außer Betracht gelassen, was sich negativ auf die Höhe der Rente auswirkte.
Laut Europäischem Gerichtshof sind diese fiktiven Beitragszeiten jedoch auch dann zu den tatsächlichen Versicherungszeiten hinzuzurechnen, wenn bereits diese ausreichen, einen Rentenanspruch zu begründen. Andernfalls würde ein Arbeitnehmer, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch macht, und bei dem zur Festsetzung der Ansprüche auf Altersrente in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten zurückgelegte Versicherungszeiten zusammenzurechnen sind, durch die Nichtberücksichtigung fiktiver Beitragszeiten benachteiligt. Ein solcher Arbeitnehmer würde nämlich nicht die Anrechnung erhalten, die ihm zustünde, wenn er seine gesamte Berufslaufbahn nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats zurückgelegt hätte.
Das Urteil:
1. Artikel 1 Buchstabe r der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung ist dahin auszulegen, dass Anrechnungszeiträume, wie sie das spanische Recht vorsieht, die im Rahmen der Festsetzung von Ansprüchen auf Altersrente zur Berücksichtigung von Anwartschaften aus früheren, nicht mehr bestehenden Systemen der Altersversicherung zugewiesen werden, als Versicherungszeiten im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71 anzusehen sind.
2. Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1408/71 in ihrer durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung ist dahin auszulegen, dass Anrechnungszeiträume, wie sie das spanische Recht vorsieht, die im Rahmen der Festsetzung von Ansprüchen auf Altersrente zur Berücksichtigung von Anwartschaften aus früheren, nicht mehr bestehenden Systemen der Altersversicherung zugewiesen werden, bei der Berechnung des tatsächlichen Betrages der Altersrente zu berücksichtigen sind.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-347/00:
Ángel Barreira Pérez / Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS), Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS)