Wohnorterfordernis für bestimmte Zweige der Sozialpflichtversicherung
Unzulässig, wenn Beitrittsvoraussetzungen bei einer freiwilligen Versicherung ungünstiger sind als bei einer Pflichtversicherung
(C - 227/03 vom 07.07.2005, Pommeren-Bourgondiën)
Der Fall:
Frau van Pommeren-Bourgondiën besitzt die niederländische Staatsangehörigkeit und wohnt in Belgien, war aber während ihres gesamten Arbeitslebens in den Niederlanden tätig. Seit 1997 bezieht sie eine niederländische Invaliditätsrente.
Wegen einer Änderung des niederländischen Sozialversicherungsrechts wurde ihr von der zuständigen Sozialversicherungsanstalt mitgeteilt, dass sie ab dem 1. Januar 2000 nicht mehr bei bestimmten niederländischen Sozialversicherungen pflichtversichert sei, weil sie nicht in den Niederlanden wohne. Jedoch bliebe ihr die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern.
Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass die Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung in den Zweigen, in denen die Pflichtversicherung geendet hat, ungünstiger sind als diejenigen für die Pflichtversicherung (unterschiedliche Beitragshöhe etc.). Somit versetze die Einführung einer Wohnortvoraussetzung die Gebietsfremden in Bezug auf ihre soziale Absicherung in den Niederlanden in eine ungünstigere Lage als die Gebietsansässigen, wodurch der Grundsatz der Freizügigkeit verletzt sei.
Das Urteil:
Den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, nach denen eine Person, die jede Berufstätigkeit in seinem Hoheitsgebiet eingestellt hat, in bestimmten Zweigen der sozialen Sicherheit nur dann pflichtversichert bleibt, wenn sie dort ihren Wohnort behält, während sie nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats in anderen Zweigen der sozialen Sicherheit auch dann pflichtversichert bleibt, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, steht Artikel 39 EG entgegen, sofern die Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung in den Zweigen, in denen die Pflichtversicherung geendet hat, ungünstiger sind als diejenigen für die Pflichtversicherung.