Zusammenveranlagung von Ehegatten, die in unterschiedlichen Mitgliedstaaten leben
Versagung der Zusammenveranlagung ist unzulässig, wenn die Einkünfte eines Ehegatten in dessen Wohnsitzstaat nicht besteuert werden
(C-329/05 vom 25.01.2007, Meindl)
Der Fall:
Herr Gerold Meindl ist österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland. Seine Ehegattin, Frau Meindl-Berger, ist österreichische Staatsangehörige und wohnt in Österreich. Im Jahr 1997 erzielte Herr Meindl in Deutschland Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb in Höhe von insgesamt 138 422 DM. Im gleichen Jahr brachte seine Ehefrau eine Tochter zur Welt. Der österreichische Staat zahlte ihr daraufhin ein Wochengeld, ein Karenzgeld und Familienbeihilfe. Frau Meindl-Berger erzielte nach österreichischem Recht in diesem Zeitraum keine steuerpflichtigen Einkünfte.
Die Eheleute Meindl beantragten für das Jahr 1997 die Zusammenveranlagung nach dem deutschen Einkommensteuergesetz. Das zuständige deutsche Finanzamt lehnte diesen Antrag ab, da die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht gegeben seien. Zum einen liege der Anteil der inländischen Einkünfte der Ehegatten unter 90 % und zum anderen sei auch die Grenze von 24 000 DM für nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte überschritten, da Frau Meindl-Berger Lohnersatzleistungen, nämlich das Wochengeld und das Karenzgeld, in Höhe von insgesamt 26 994, 73 DM vom österreichischen Staat bezogen habe; die Beihilfe für das Kind sei dabei nicht mitgerechnet.
Das Finanzamt veranlagte Herrn Meindl daraufhin wie einen Nichtverheirateten und setzte gegen ihn eine Einkommensteuer von 45 046 DM fest.
Laut Europäischem Gerichtshof ist die Entscheidung des Finanzamts, Herrn Meindl, obwohl er verheiratet ist und seine gesamten Einkünfte im Staat eines Wohnsitzes erzielt hat, als ledigen Steuerpflichtigen zu behandeln, weil seine Ehefrau ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat behalten und dort steuerfreie Einkünfte erzielt hat, die sowohl 10 % des Haushaltseinkommens als auch 24 000 DM überschreiten, nicht gerechtfertigt. Der Wohnsitzstaat eines solchen Steuerpflichtigen ist nämlich der einzige Staat, der seine persönliche Lage und seinen Familienstand berücksichtigen kann, da der Steuerpflichtige nicht nur in diesem Staat wohnt, sondern dort überdies das gesamte steuerpflichtige Einkommen des Haushalts erzielt.
Das Urteil:
Art. 52 EG Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) verbietet es, dass einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen von dem Staat, in dem er wohnt, die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer mit seinem Ehegatten, von dem er nicht getrennt lebt und der in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, mit der Begründung versagt wird, dieser habe in dem anderen Mitgliedstaat sowohl mehr als 10 % der gemeinsamen Einkünfte als auch mehr als 24 000 DM erzielt, wenn die Einkünfte, die der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat erzielt, dort nicht der Einkommsteuer unterliegen.