Steuer auf Einkünfte aus Kapitalvermögen
Steuerermäßigungen für Sozialversicherungen dürfen den im nationalen Sozialversicherungssystem Versicherten vorbehalten bleiben
(C-512/03 vom 08.09.2005, Blanckaert)
Der Fall:
Herr Blanckaert ist ein belgischer Staatsangehöriger, der in Belgien wohnt. Zusammen mit seiner Ehefrau ist er Eigentümer einer Ferienwohnung in den Niederlanden. Aus dieser bezieht er Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Herr Blanckaert erzielt weniger als 90 % seiner Einkünfte in den Niederlanden. Seine einzigen zu versteuernden Einkünfte sind die, die er aus der Ferienwohnung bezieht. Er ist nicht im niederländischen Sozialversicherungssystem versichert und damit in den Niederlanden nicht sozialversicherungspflichtig.
Für das Jahr 2001 wurde Herr Blanckaert aufgrund seiner zu versteuernden Einkünfte aus Kapitalvermögen durch die niederländischen Finanzbehörden zur Einkommensteuer veranlagt. In Anwendung der Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens vom 19. Oktober 1970 wurden bei der Erstellung des Steuerbescheids das steuerfreie Vermögen und die Gutschriften bei der Einkommensteuer berücksichtigt. Dagegen wurde ihm keine Steuergutschrift für Sozialversicherungsbeiträge gewährt. Diese Steuerermäßigung sei den im niederländischen Sozialversicherungssystem Versicherten vorbehalten.
Herr Blanckaert fühlte sich diskriminiert und machte geltend, dass einem in den Niederlanden ansässigen Steuerpflichtigen, der ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen beziehe, als im niederländischen Sozialversicherungssystem Versichertem beträchtliche Steuerermäßigungen für Sozialversicherungen zugute kämen. In Ermangelung von Einkünften aus Arbeit oder Wohnung zahle er nämlich keine Sozialversicherungsbeiträge, so dass die Beitragsermäßigungen nicht mit Sozialversicherungsbeiträgen verrechnet werden könnten. Dagegen sei ein gebietsfremder Steuerpflichtiger, der in den Niederlanden nur Einkünfte aus Kapitalvermögen beziehe, nicht in dem genannten System versichert und zahle in diesem Mitgliedstaat ebenfalls keine Sozialversicherungsbeiträge, habe aber keinen Anspruch auf Steuerermäßigungen für Sozialversicherungsbeiträge.
Laut Europäischem Gerichtshof ist dem entgegenzuhalten, dass die Gewährung des im vorliegenden Fall in Rede stehenden Vorteils an Personen, die nicht im niederländischen Sozialversicherungssystem versichert sind, auf eine Gleichbehandlung unterschiedlicher Situationen hinausliefe, da den in diesem System Versicherten nur ausnahmsweise Steuerermäßigungen für Sozialversicherungen zugute kommen. Denn ein Versicherter kann solche Steuerermäßigungen nur dann beanspruchen, wenn er die Beitragsermäßigung nicht mit den geschuldeten Beiträgen verrechnen kann. Dagegen käme ein Nichtversicherter wie Herr Blanckaert immer und automatisch in den Genuss von Steuerermäßigungen aufgrund der Gewährung von Sozialversicherungsbeitragsermäßigungen. Denn da eine solche Person nicht zur Beitragszahlung verpflichtet ist, könnte sie die genannten Ermäßigungen nie mit geschuldeten Sozialversicherungsbeiträgen verrechnen. Angesichts dessen ist es rechtmäßig, die genannte Steuerermäßigung den im niederländischen Sozialversicherungssystem Versicherten vorzubehalten.
Das Urteil:
Die Artikel 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der ein gebietsfremder Steuerpflichtiger, der in diesem Staat ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht und der nicht im Sozialversicherungssystem dieses Mitgliedstaates versichert ist, keinen Anspruch auf die Steuerermäßigungen für Sozialversicherungen hat, während ein gebietsansässiger Steuerpflichtiger, der in dem genannten Sozialversicherungssystem versichert ist, bei der Berechnung seines zu versteuernden Einkommens in den Genuss solcher Ermäßigungen kommt, auch wenn er ausschließlich Einkünfte derselben Art bezieht und keine Sozialversicherungsbeiträge zahlt.