Anerkennung von Diplomen bei Ausbildungszeiten in Drittstaaten
Anerkennung kann durch andereren Mitgliedstaat überprüft werden
(C - 110/01 vom 19.06.2003 ,Tennah-Durez)
Der Fall:
Die algerische Staatsangehörige Malika Tennah-Durez erwarb 1989 das Diplom eines Doktors der Medizin an der Medizinischen Fakultät von Algier. Nachdem sie die belgische Staatsangehörigkeit erworben hatte, setzte sie ihr Studium an der Universität Gent in Belgien fort. Die Universität erkannte ihre sechsjährige Ausbildung in Algier an und ließ sie zum letzten Jahr des Medizinstudiums zu. Nach Abschluss ihres Studiums in Gent verlieh ihr die belgische Universität das ärztliche Grunddiplom. Daraufhin absolvierte Frau Tennah-Durez eine spezielle Ausbildung in Allgemeinmedizin. Nachdem sie das entsprechende Diplom erworben hatte, wurde sie im Februar 1998 in Belgien als Ärztin für Allgemeinmedizin zugelassen.
Später beantragte Frau Tennah-Durez bei einer kommunalen Ärztekammer in Frankreich ihre Aufnahme in das dortige Ärzteverzeichnis. Sie legte dafür ihr belgisches Arztdiplom sowie ihr belgisches Diplom des Arztes für Allgemeinmedizin vor. Die kommunale Ärztekammer wandte sich an das belgische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Umwelt, da Unklarheiten bei den Bezeichnungen der Diplome bestanden.
Das belgische Ministerium bestätigte die Gültigkeit der Diplome. Daraufhin wurde Frau Tennah-Durez in das französische Ärzteverzeichnis aufgenommen. In einem späteren Schreiben wies das belgische Ministerium auf den Umstand hin, das Frau Tennah-Durez den überwiegenden Teil ihrer Ausbildung nicht in Belgien absolviert hatte. Aufgrund dieses Schreibens stricht die kommunale Ärztekammer Frau Tennah-Durez wieder aus dem Ärzteverzeichnis. Nach einem Widersruch von Frau Tennah-Durez, stellte die regionale Ärztekammer fest, das die Zulassungsentscheidung nicht in die Zuständigkeit der kommunalen Ärztekammer fiele und bestätigte die Zulassung von Frau Tennah-Durez. Anschließend hob die nationale Ärztekammer die Zulassung von Frau Tennah-Durez wieder auf.
Der Europäische Gerichtshof stellte fest, das es für das Europäische Recht keinen Unterschied macht, ob die notwendigen Ausbildungszeiten für den Erwerb des Arztdiploms eines Mitgliedstaats, teilweise in einem Drittstaat erfolgen. Allerdings sei jeder Mitgliedstaat dazu berechtigt, bei der Behörde des Mitgliedstaats, die das Diplom erteilt hat, eine Überprüfung zu beantragen.
Das Urteil:
Die nach Artikel 23 Absatz 2 der Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise erforderliche ärztliche Ausbildung kann - auch überwiegend - aus einer in einem Drittland erhaltenen Ausbildung bestehen, sofern die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, die das Diplom erteilt, diese Ausbildung anzuerkennen und dementsprechend festzustellen in der Lage ist, dass diese Ausbildung tatsächlich zur Erfüllung der in dieser Richtlinie normierten Anforderungen an die ärztliche Ausbildung beiträgt.
Die Behörden des aufnehmenden Mitgliedstaats sind an eine nach Artikel 9 Absatz 5 der Richtlinie 93/16 ausgestellte Bescheinigung, wonach das fragliche Diplom den Diplomen, deren Bezeichnungen in den Artikeln 3, 5 oder 7 dieser Richtlinie aufgeführt sind, gleichgestellt ist und eine den Bestimmungen des Titels III der Richtlinie entsprechende Ausbildung abschließt, gebunden. Treten neue Gesichtspunkte auf, die ernste Zweifel daran begründen, ob das ihnen vorgelegte Diplom echt ist oder den einschlägigen Vorschriften entspricht, so steht es ihnen frei, sich erneut mit einem Ersuchen um Nachprüfung an die Behörden des Mitgliedstaats, der das Diplom erteilt hat, zu wenden.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-110/01 :
Malika Tennah-Durez / Conseil national de l'ordre des médecins