Kein Ausschluss des Freizügigkeitsrechts für Kapitänstätigkeit auf Seefischereischiffen
Ausnahme nur, wenn hoheitlichen Befugnissen bei der Tätigkeit bedeutender Stellenwert zukommt
(C - 47/02 vom 30.09.2003, Anker u.a.)
Der Fall:
Die niederländischen Staatsangehörigen Albert Anker, Klaas Ras und Albertus Snoek waren als Seeleute auf Seefischereischiffen unter deutscher Flagge in der Kleinen Hochseefischerei beschäftigt. Sie sind Inhaber eines niederländischen Diploms, das nach niederländischem Recht zum Führen von Seeschiffen der Klasse berechtigt, auf denen sie tätig waren. Als sie Ende der 90er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland eine Befähigungsbescheinigung beantragten, die sie auch zur Ausübung des Dienstes als Schiffsführer auf Seefischereischiffen unter deutscher Flagge ermächtigen sollte, wurde dies wegen Fehlens der deutschen Staatsangehörigkeit abgelehnt. Den Kapitänen der Seefischereischiffe seien Rechte im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit an Bord und der Ausübung polizeilicher Befugnisse sowie personenstandsrechtliche Hilfsfunktionen und damit hoheitliche Befugnisse zugewiesen.
Laut Europäischem Gerichtshof ist dieser Eigenstaatsangehörigkeitsvorbehalt unzulässig, wenn die Aufgabe der Vertretung des Flaggenstaats in der Praxis einen unbedeutenden Stellenwert gemessen an der gesamten Kapitänstätigkeit hat.
Das Urteil:
Artikel 39 Absatz 4 EG ist dahin auszulegen, dass er einen Mitgliedstaat nur dann berechtigt, seinen Staatsangehörigen die Beschäftigung als Schiffsführer (Kapitän) der in der Kleinen Seeschifffahrt eingesetzten Schiffe unter seiner Flagge vorzubehalten, wenn die den Schiffsführern solcher Schiffe zugewiesenen hoheitlichen Befugnisse tatsächlich regelmäßig ausgeübt werden und nicht nur einen sehr geringen Teil ihrer Tätigkeit ausmachen.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-47/02:
Albert Anker, Klaas Ras, Albertus Snoek / Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord