Sport ohne Grenzen
Ablösesummen und Ausländerklauseln im Profisport sind unzulässig
(C - 415/93 vom 15.12.1995, Bosman)
Der Fall:
Der belgische Profifußballspieler Jean-Marc Bosman war seit 1988 bei dem belgischen Erstligaverein RCL beschäftigt. Nach Ablauf seines Vertrages im Juni 1990 bot ihm der RCL einen neuen Vertrag für eine weitere Spielzeit mit einem um 75 % gekürzten Monatsgehalt an. Da Herr Bosman dieses Angebot nicht akzeptierte, wurde er auf die Transferliste gesetzt. Nun wollte er zu dem französischen Zweitligisten US Dünkirchen wechseln. Dies scheiterte jedoch an einer Ablösesumme in Höhe von 800.000 Dollar, die der RCL von dem US Dünkirchen auf der Grundlage der Fußballverbandsregelungen für den Transfer verlangte. Schwierigkeiten bei der weiteren Suche nach einem neuen Verein bereiteten Herrn Bosman jedoch nicht nur die Transferregeln, sondern auch die Limitierung von ausländischen Spielern pro Verein durch sogenannte Ausländerklauseln.
Laut Europäischem Gerichtshof sind Profisportler ganz normale Arbeitnehmer im Sinne des EG-Vertrages und haben ein Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes. Die Freizügigkeit gilt nicht nur für behördliche, also staatliche Maßnahmen, sie erstreckt sich ebenso auf Vorschriften anderer Art, die zur kollektiven Regelung der Arbeit dienen, wie die genannten Sportverbandsregeln.
Das Urteil:
1) Artikel 48 EWG-Vertrag1 steht der Anwendung von durch Sportverbände aufgestellten Regeln entgegen, nach denen ein Berufsfußballspieler, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, bei Ablauf des Vertrages, der ihn an einen Verein bindet, nur dann von einem Verein eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt werden kann, wenn dieser dem bisherigen Verein eine Transfer-, Ausbildungs- oder Förderungsentschädigung gezahlt hat.
2) Artikel 48 EWG-Vertrag1 steht der Anwendung von durch Sportverbände aufgestellten Regeln entgegen, nach denen die Fußballvereine bei den Spielen der von diesen Verbänden veranstalteten Wettkämpfe nur eine begrenzte Anzahl von Berufsspielern, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, aufstellen können.
3) Die unmittelbare Wirkung von Artikel 48 EWG-Vertrag1 kann nicht zur Stützung von Ansprüchen im Zusammenhang mit einer Transfer-, Ausbildungs- oder Förderungsentschädigung herangezogen werden, die zum Zeitpunkt des vorliegenden Urteils bereits gezahlt worden ist oder die zur Erfüllung einer vor diesem Zeitpunkt entstandenen Verpflichtung noch geschuldet wird; dies gilt nicht für Rechtsuchende, die vor diesem Zeitpunkt nach dem anwendbaren nationalen Recht Klage erhoben oder einen gleichwertigen Rechtsbehelf eingelegt haben.
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1 Jetzt Artikel 39 EG.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-415/93 Bosman