Vergütung für einen privaten Arbeitsvermittler
Bundesagentur für Arbeit muss auch bei Vermittlung in einen anderen Mitgliedstaat zahlen
(C-208/05 vom 11.01.2007, ITC)
Der Fall:
Die ITC Innovative Technology Center GmbH (im Folgenden ITC), ein in Deutschland ansässiger privater Arbeitsvermittler, schloss im August 2003 einen Vermittlungsvertrag mit dem Arbeitssuchenden D. Halacz. Nach diesem Vertrag verpflichtete sich die ITC zur Unterstützung des Arbeitsuchenden bei der Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses einschließlich aller Leistungen zur Durchführung der Arbeitsvermittlung.
Herr Halacz legte der ITC einen Vermittlungsgutschein vor, den ihm die Bundesagentur für Arbeit ausgestellt hatte. In diesem Gutschein hieß es, dass der Arbeitsuchende einen oder mehrere Vermittler seiner Wahl in Anspruch nehmen könne und dass der im Gutschein angegebene Betrag an den privaten Vermittler gezahlt werde, der ihn in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt habe. Nach den einschlägigen Bestimmungen des SGB III wird die Vergütung u.a. nur dann gezahlt, wenn es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt, die Arbeitszeit mindestens 15 Stunden wöchentlich beträgt und eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart wurde.
Im September 2003 schloss Herr Halacz auf Vermittlung der ITC für die Zeit von September 2003 bis März 2004 einen befristeten Arbeitsvertrag mit einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmen. Dieser Arbeitgeber bestätigte, dass es sich um ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich handele.
Den Antrag der ITC auf Auszahlung von zunächst 1 000 € auf den von ihr vorgelegten Vermittlungsgutschein lehnte die Bundesagentur für Arbeit ab, weil der Arbeitssuchende in keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland vermittelt worden sei.
Sieht eine nationale Regelung vor, dass der Mitgliedstaat die einem privaten Arbeitsvermittler geschuldete Vergütung nur dann zahlt, wenn die von diesem vermittelte Beschäftigung in diesem Staat sozialversicherungspflichtig ist, befindet sich ein Arbeitsuchender, dem der Vermittler eine in einem anderen Mitgliedstaat sozialversicherungspflichtige Arbeitsstelle vermittelt hat, in einer ungünstigeren Lage als bei der Vermittlung einer Arbeitsstelle im Inland, weil in letzterem Fall die dem Vermittler geschuldete Gebühr übernommen worden wäre.
Eine solche Regelung stellt laut Europäischem Gerichtshof ein Hemmnis dar, denn sie kann Arbeitssuchende, insbesondere diejenigen, deren Mittel finanziell begrenzt sind, und folglich auch die privaten Arbeitsvermittler davon abhalten, in einem anderen Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, weil die Vermittlungsgebühr nicht vom Herkunftsmitgliedstaat der Arbeitsuchenden bezahlt wird, und verstößt gegen die Grundsätze der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Dienstleistungsfreiheit.
Das Urteil:
1. Die Art. 39 EG, 49 EG und 50 EG stehen einer nationalen Regelung wie § 421g Abs. 1 Satz 2 des Dritten Buches des deutschen Sozialgesetzbuchs entgegen, nach der die Zahlung der einem privaten Arbeitsvermittler von einem Arbeitsuchenden für seine Vermittlung geschuldeten Vergütung durch einen Mitgliedstaat voraussetzt, dass die von diesem Vermittler vermittelte Beschäftigung in diesem Staat sozialversicherungspflichtig ist.
2. Es obliegt dem nationalen Gericht, eine innerstaatliche Vorschrift unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden, und, soweit eine solche konforme Auslegung nicht möglich ist, bei Vertragsbestimmungen, die dem Einzelnen Rechte verleihen, die er gerichtlich geltend machen kann und die die nationalen Gerichte zu wahren haben, Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die diesen Bestimmungen entgegenstehen, unangewendet zu lassen.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-208/05: ITC