Handwerkliche Baudienstleistungen in Deutschland
Im Ausland zugelassene Unternehmen können ohne Eintragung in die Handwerksrolle tätig werden
(C-58/98 vom 03.10.2000, Corsten)
Der Fall:
Der selbständige Architekt Josef Corsten beauftragte ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen mit Estricharbeiten im Rahmen eines Bauvorhabens in Deutschland. Das mit diesen Arbeiten beauftragte Unternehmen führte in den Niederlanden zulässigerweise solche Arbeiten aus, war aber in Deutschland nicht in die Handwerksrolle eingetragen. Der von diesem Unternehmen für die Estricharbeiten verlangte Quadratmeterpreis lag deutlich unter dem Preis, den deutsche Handwerksbetriebe für diese Arbeiten berechnet hätten.
Mit Bescheid vom 2. Januar 1996 verhängte die zuständige deutsche Ordnungsbehörde wegen Verstoßes gegen die deutschen Vorschriften zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ein Bußgeld in Höhe von 2 000 DM gegen Herrn Corsten, weil dieser ein Unternehmen, das nicht in die Handwerksrolle eingetragen war, mit selbständigen Handwerksarbeiten beauftragt hatte.
Laut Europäischem Gerichtshof stehen die europäischen Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr dem entgegen, dass ein niederländisches Unternehmen, welches in den Niederlanden alle Voraussetzungen für eine gewerbliche Tätigkeit erfüllt, weitergehende - wenn auch nur formale - Voraussetzungen erfüllen muss, um diese Tätigkeit in Deutschland auszuüben. Die Eintragung in die Handwerksrolle ist nicht erforderlich, um die Qualität der durchgeführten handwerklichen Arbeiten in Deutschland zu sichern. Insofern genügt der Nachweis der in den Niederlanden erlangten Berufserfahrung.
Das Urteil:
Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und Artikel 4 der Richtlinie 64/427/EWG des Rates vom 7. Juli 1964 über die Einzelheiten der Übergangsmaßnahmen auf dem Gebiet der selbständigen Tätigkeiten der be- und verarbeitenden Gewerbe der CITI-Hauptgruppen 23 - 40 (Industrie und Handwerk) stehen einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die die Verrichtung handwerklicher Tätigkeiten in dessen Hoheitsgebiet durch in anderen Mitgliedstaaten ansässige Dienstleistende von einem Verfahren zur Erteilung der Erlaubnis abhängig macht, das geeignet ist, die Ausübung des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr zu verzögern oder zu erschweren, nachdem die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Tätigkeiten bereits geprüft worden sind und festgestellt worden ist, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Außerdem dürfte das etwaige Erfordernis einer Eintragung in die Handwerksrolle des Aufnahmelandes - gesetzt den Fall, es ist gerechtfertigt - weder zusätzliche Verwaltungskosten noch die obligatorische Zahlung von Beiträgen an die Handwerkskammer nach sich ziehen.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-58/98: Corsten