Zugang zur Tätigkeit des Beraters auf dem Gebiet des Verkehrs von Beförderungsmitteln
Wohnsitzerfordernis ist unzulässig
(C-263/99 vom 29.05.2001, Kommission/Italien)
Der Fall:
Im Juli 1999 erhob die Kommission der Europäischen Gemeinschaften Klage auf Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, dass sie die Ausübung des Beraters auf dem Gebiet des Verkehrs von Beförderungsmitteln unter Androhung von Sanktionen vom Vorliegen einer behördlichen Genehmigung und deren Erteilung von der Bendingung abhängig gemacht hat, dass Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten ihren Wohnsitz in Italien haben und eine Kaution hinterlegen.
Die italienische Regierung wies einen Pflichtverstoß zurück und machte geltend, das Erfordernis einer vorherigen Genehmigung zur, und sei es auch gelegentlichen Ausübung der Tätigkeit des Beraters auf dem Gebiet des Verkehrs von Beförderungsmitteln und die Bedingungen, denen die Erteilung dieser Genehmigung unterliege, seien durch die Notwendigkeit der Überprüfung der beruflichen Eignung, der Ehrenhaftigkeit, der Korrektheit und der finanziellen Mittel der betroffenen Person gerechtfertigt.
Laut Europäischem Gerichtshof liegt darin, dass die Erteilung der für den Zugang und die Ausübung der genannten Tätigkeit erforderlichen Genehmigung nur für die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten, nicht aber für italienische Staatsbürger von einem Wohnsitz im italienischen Hoheitsgebiet abhängig ist, eine nach Artikel 43 EG verbotene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.
Zudem läuft das Wohnsitzerfordernis dem freien Dienstleistungsverkehr zuwider, da es die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen der genannten Tätigkeit in Italien durch in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Personen unmöglich macht. Außerdem stellt nach ständiger Rechtsprechung eine nationale Regelung, die unter Androhung von Strafe die Erbringung bestimmter Dienstleistungen durch eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Person im Inland von der Erteilung einer behördlichen Erlaubnis abhängig macht, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Artikel 49 EG dar. Dies gilt auch für die zur Erteilung dieser Genehmigung zu erfüllenden Bedingungen, wie die Hinterlegung einer Kaution.
Bezüglich des Rechtfertigungsarguments der italienischen Regierung ist festzustellen, dass die streitigen Voraussetzungen für den Zugang und die Ausübung der genannten Tätigkeit jedenfalls über das zur Erreichung des angestrebten Zieles erforderliche hinausgehen, das darin besteht, sicherzustellen, dass die betroffenen Personen über bestimmte Eigenschaften verfügen, die zur Ausübung der Tätigkeit als erforderlich angesehen werden. Der freie Dienstleistungsverkehr darf nämlich nur durch Regelungen beschränkt werden, die durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und für alle im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats tätigen Personen oder Unternehmen gelten, soweit dieses Interesse nicht durch Vorschriften geschützt wird, denen der Dienstleistende in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist. Indem verlangt wird, dass alle Personen dieselben Voraussetzungen erfüllen, um eine für die Ausübung des Beraters auf dem Gebiet des Verkehrs von Beförderungsmitteln in Italien erforderliche behördliche Genehmigung zu erhalten, wird ausgeschlossen, dass die Verpflichtungen berücksichtigt werden, denen der Dienstleistende in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist.
Das Urteil:
Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) verstoßen, dass sie im Rahmen der Legge Nr. 264, disciplina dell'attività di consulenza per la circolazione dei mezzi di trasporto (Gesetz Nr. 264 über die Tätigkeit des Beraters auf dem Gebiet des Verkehrs von Beförderungsmitteln), vom 8. August 1991 die Ausübung der Tätigkeit des Beraters auf dem Gebiet des Verkehrs von Beförderungsmitteln unter Androhung von Sanktionen vom Vorliegen einer behördlichen Genehmigung und deren Erteilung von der Bedingung abhängig gemacht hat, dass Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten ihren Wohnsitz in Italien haben und eine Kaution hinterlegen.
Orginaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-263/99: Kommission/Italien