Beschränkung der Freizügigkeit nach Straftaten
Die europarechtlichen Verfahrensgarantien im Ausweisungsverfahren, d.h. bei einer Ausweisung müssen Rechtmittel zu Verfügung stehen die nicht nur die Gesetzmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit der Verfügung überprüfen, gelten auch für türkische Arbeitnehmer, die ein Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 haben.
(C - 136/03 vom 02.06.2005, Dörr und Ünal)
Der Fall:
Der deutsche Staatsangehörige Georg Dörr wohnt und arbeitet seit 1993 in Österreich. Er wurde dort zu 18 Monaten Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt. Aufgrund des österreichischen Fremdengesetzes wurde 1998 gegen Herrn Dörr ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der türkische Staatsangehörige Ibrahim Ünal wohnt und arbeitet seit langem rechtmässig in Österreich. Nachdem er wegen mehrer Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde, drohte ihm nach dem österreichischen Fremdengesetz die Ausweisung.
Das Urteil:
Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der gerichtliche Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats, die gegenüber einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats ergeht, keine aufschiebende Wirkung haben und die genannte Entscheidung im Rahmen dieser Rechtsbehelfe nur auf ihre Gesetzmäßigkeit hin überprüft werden kann, wenn keine zuständige Stelle im Sinne der genannten Bestimmung eingerichtet worden ist.
Die Rechtsschutzgarantien der Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221 gelten für türkische Staatsangehörige, denen die Rechtsstellung nach Artikel 6 oder Artikel 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation zukommt.
Originaltext des Urteils:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-136/03:
Georg Dörr /Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten und Ibrahim Ünal /Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg