Auswahlverfahren für Stellen in der öffentlichen Verwaltung

In einem anderen Mitgliedstaat erworbene Berufserfahrung muss berücksichtigt werden
(C-419/92 vom 23.02.1994, Scholz)

Der Fall:

Die gebürtige Deutsche Ingetraud Scholz, die durch Eheschließung die italienische Staatsangehörigkeit erworben hat, erhob gegen ihre Einstufung im Rahmen eines Auswahlverfahrens zur Besetzung von Stellen für Kantinenbedienstete an der Universität Cagliari (Italien) Klage. Bei der Beurteilung der einzelnen Bewerber waren nämlich frühere Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst positiv berücksichtigt worden, jedoch nur solche im italienischen öffentlichen Dienst, so dass Frau Scholz die Tätigkeit nicht angerechnet worden war, die sie vor ihrer Eheschließung in der deutschen Postverwaltung ausgeübt hatte.

Laut Europäischem stellt diese Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten, die in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurden, eine unzulässige mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar.

Das Urteil:

Artikel 48 EWG-Vertrag1 ist dahin auszulegen, dass, wenn eine öffentliche Einrichtung eines Mitgliedstaats bei der Einstellung von Personal für Stellen, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 48 Absatz 4 EWG-Vertrag2 fallen, die Berücksichtigung der früheren Berufstätigkeiten der Bewerber innerhalb einer öffentlichen Verwaltung vorsieht, diese Einrichtung gegenüber den Gemeinschaftsbürgern nicht danach unterscheiden darf, ob diese Tätigkeiten im öffentlichen Dienst dieses Mitgliedstaats oder in dem eines anderen Mitgliedstaats ausgeübt wurden.
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1 Jetzt Artikel 39 EG.
2 Jetzt Artikel 39 Absatz 4 EG.

Originaltext des Urteils:

Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-419/92: Scholz